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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

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Schürer, Oskar: Picasso, Laurencin, Braque
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https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0236

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Picasso « Laurencin » Braque.

die Kunst zu Grunde. Ein Schritt nur weiter
wie Renoir, — doch dieser Schritt ist ausschlag-
gebend. Ein Zauberer vielleicht — doch kein
Phantast. Und nur der geht durchs Tor der Kunst.

Die Gefahr nach außen, für uns, zeigt Rou-
ault. Man hat den fast 70 jährigen soeben ent-
deckt. Druet zeigt das Lebenswerk dieses
Schülers des jfingeren Moreau. Man staunt:
der reinste Expressionismus der Deutschen vor
einem Jahrzehnt. Emphase der Leiber und
Gesten, Verzückung der Form. Hinaufgetrie-
ben bis zum religiösen Bildnis. Kathedralen-
luft, Seelenrausch. Doch plötzlich — der Fran-
zose: die Farbe. Das schwebt und prickelt und
klärt, das duftet und läutet. Aus deutschem
Expressionismus der Spannungen und Stöße
steigt leicht und schwebend französische For-
mung. Und siegt? Man zögert mit der Ant-
wort. Unterbricht hier nicht das Schöne eine
schwere Reife des Wahren? Bleibt nicht im
Anmutigen auf solche Weise stecken, was groß
hätte werden können? Und dies eben durch jene
Meisterschaft in der Farbe, — die hier Gefahr ist.

Dies ist zu fürchten. Triumph der Farbig-
keit verlangt seine Anlegung schon beim Emp-

fangen des Werks. Im ersten Strich schon muß
er keimen, die ersten Gefühle schon müssen
ihn ahnen, auf ihn sich berufen als auf ihre
letzte Gründung. Man kann dies als Forderung
der Malerei überhaupt aufstellen. Doch, wird
eine solche die ganze Bildkunst umfassen kön-
nen? Wo der Bildgedanke im seelisch durch-
witterten Lineament wurzelt, muß sich dessen
Problematik erst rein im Gefüge auskämpfen,
ehe das Spiel der Farbe verklären darf. Und
wo er im existentiellen Ernst der Farbe wur-
zelt, wird Farbigkeit immer wie herber Duft
seiDer späten Milde entsteigen. Das sind, —
im Schaifen selbst nie so geschieden, — die
beiden Möglichkeiten der Deutschen. Was
könnte einem Beckmann, einem Hofer eine
solche Grazie frommen, ehe sich das wilde Ge-
rüst nicht nach eigenem Gesetz gefügt. Hat
sich Kirchner nicht auf ganz anderen Wegen
„erholt"? Was brächte Dix die „Farbkultur"?
Was wäre sie Nolde! Dem müssen sich die
Gegensätze so verspannen, daß aus deren In-
tensität Form steigt. Ein katastrophales Inein-
anderwachsen, kein vegetabiles. Für sie würde
Luge, was dort Erfüllung ist. . . oskar schürer.

GEORGES BRAQUE.

STILLEBEN«
 
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